In der heutigen Zeit ist der Arbeitsmarkt hart umkämpft und Unternehmen stehen vor der Herausforderung, talentierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Eine Methode, die immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist die sogenannte Gamification.
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Definition: Was ist Gamification?
Gamification bezeichnet die Anwendung von spielerischen Elementen und Prozessen in einem nicht-spielerischen Kontext. Ziel ist es, die Motivation, das Engagement und die Teilnahme der beteiligten Personen zu erhöhen. Durch die Integration von spielerischen Elementen in alltägliche Aufgaben oder Prozesse können diese unterhaltsamer und interessanter gestaltet werden.
Entwicklung von Gamification
Die Entwicklung von Gamification lässt sich in mehrere Phasen einteilen:
- Frühe Anfänge (1980er und 1990er Jahre): Schon in den 1980er Jahren wurden Spielprinzipien in Softwareanwendungen eingeführt, um die Benutzerfreundlichkeit und das Engagement zu verbessern. Ein bekanntes Beispiel ist Microsofts Solitaire, das ursprünglich entwickelt wurde, um Benutzern die Bedienung der Computermaus beizubringen.
- Aufstieg der Serious Games (2000er Jahre): Im neuen Jahrtausend begannen Serious Games, die einen Bildungs- oder Trainingszweck verfolgen, an Popularität zu gewinnen. Sie wurden in Bereichen wie Militärtraining, Gesundheit und Bildung eingesetzt, um Lernen und Verhaltensänderungen auf unterhaltsame und interaktive Weise zu fördern.
- Gamification als Konzept (2010er Jahre): Im Jahr 2010 prägte der amerikanische Spiel-Designer und Autor Jesse Schell den Begriff „Gamification“. In diesem Jahrzehnt wurde Gamification als Methode anerkannt, um das Benutzerverhalten in verschiedenen Branchen zu beeinflussen. Unternehmen begannen, Gamification-Strategien in ihren Produkten und Dienstleistungen einzusetzen, um die Kundenbindung und -loyalität zu erhöhen.
- Weiterentwicklung und Integration (2010er Jahre bis heute): Gamification hat sich seitdem weiterentwickelt und wurde in vielen unterschiedlichen Kontexten integriert. Zum Beispiel in den Bereichen Bildung (Lernplattformen), Fitness (Fitness-Apps), Unternehmen (Recruiting und Mitarbeitermotivation) und Marketing (Kundenbindungsprogramme). Mit dem Aufkommen von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) sind neue Möglichkeiten für Gamification entstanden, die noch immersivere und personalisierte Benutzererfahrungen ermöglichen.
Die Einsatzmöglichkeiten von Gamification im Recruiting
Gamification kann im Recruiting-Prozess auf vielfältige Weise eingesetzt werden. Unter anderem:
- Fähigkeiten- und Kompetenztests: Durch die Entwicklung von spielerischen, interaktiven Tests oder Rätseln, die auf spezifische Fähigkeiten und Kompetenzen abzielen, können Unternehmen die Eignung von Kandidaten für eine Stelle besser einschätzen. Diese Tests können in Form von Online-Quizzes, Puzzles oder Simulationen gestaltet werden, um den Bewerbern eine unterhaltsame und ansprechende Möglichkeit zu bieten, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
- Virtuelle Jobmessen: Virtuelle Jobmessen mit Gamification-Elementen können dazu beitragen, das Interesse der Bewerber an offenen Stellen zu wecken und sie zum aktiven Teilnehmen zu motivieren. Unternehmen können Avatare, virtuelle Räume und interaktive Herausforderungen erstellen, um die Kandidaten besser kennenzulernen und ihnen Informationen über das Unternehmen und die offenen Stellen auf spielerische Weise zu präsentieren.
- Gamifizierte Bewerbungsprozesse: Die Integration von spielerischen Elementen in den Bewerbungsprozess kann dazu beitragen, den Prozess für Bewerber ansprechender und weniger stressig zu gestalten. Unternehmen könnten beispielsweise ein „Bewerbungsabenteuer“ erstellen, bei dem Kandidaten ihre Bewerbungsinformationen als Teil einer interaktiven Geschichte oder eines Spiels eingeben.
- Team-Challenges: Im Rahmen des Auswahlprozesses können Unternehmen Team-Challenges organisieren, bei denen Bewerber gemeinsam an Projekten oder Aufgaben arbeiten. Diese Herausforderungen ermöglichen es, die Teamfähigkeit, Problemlösungskompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten der Kandidaten zu bewerten und gleichzeitig das Engagement und die Motivation der Bewerber zu fördern.
Die Vor- und Nachteile von Gamification im Recruiting
Vorteile
- Erhöhtes Bewerber-Engagement: Gamification kann den Bewerbungsprozess interessanter und unterhaltsamer gestalten, wodurch das Engagement der Bewerber erhöht und potenziell mehr qualifizierte Kandidaten angezogen werden können.
- Objektivere Bewertung: Gamifizierte Assessments können dazu beitragen, Vorurteile und subjektive Einschätzungen zu reduzieren, indem sie standardisierte Bewertungskriterien verwenden und datengesteuerte Erkenntnisse ermöglichen.
- Effizienteres Screening: Gamification kann den Screening-Prozess effizienter gestalten, indem es Personalverantwortlichen hilft, schneller qualifizierte Kandidaten zu identifizieren und den Einstellungsprozess zu beschleunigen.
- Employer Branding: Ein innovativer und kreativer Einsatz von Gamification kann das Arbeitgeberimage verbessern und Unternehmen als attraktiven und modernen Arbeitgeber positionieren.
- Soft Skills und kulturelle Passung: Gamification kann dabei helfen, Soft Skills, Verhaltensweisen und kulturelle Passung der Bewerber besser zu bewerten, indem sie in spielerischen Situationen getestet werden.
Nachteile
- Mangelnde Repräsentativität: Gamifizierte Assessments können möglicherweise nicht alle Aspekte der Arbeitsleistung oder alle relevanten Fähigkeiten eines Kandidaten erfassen. Dies kann dazu führen, dass einige geeignete Kandidaten übersehen werden.
- Technologieabhängigkeit: Gamification setzt voraus, dass Bewerber über bestimmte technische Fähigkeiten und Zugang zu den entsprechenden Geräten verfügen. Dies kann dazu führen, dass bestimmte Kandidatengruppen benachteiligt werden.
- Kosten- und Zeitaufwand: Die Entwicklung und Implementierung von Gamification im Recruiting kann teuer und zeitintensiv sein, insbesondere wenn maßgeschneiderte Lösungen erstellt werden müssen.
- Datenschutz und Ethik: Der Einsatz von Gamification kann Datenschutz- und ethische Bedenken aufwerfen, insbesondere im Hinblick auf die Sammlung, Speicherung und Verwendung von Bewerberdaten.
- Übermäßige Betonung des Spiels: Eine zu starke Fokussierung auf Gamification kann dazu führen, dass der Bewerbungsprozess weniger ernst genommen wird oder Kandidaten das Gefühl haben, dass ihre Fähigkeiten nicht angemessen bewertet werden.
Unternehmen sollten sorgfältig abwägen, ob die Vorteile die potenziellen Nachteile überwiegen und ob gamifizierte Ansätze in ihrem speziellen Kontext angemessen sind.
Best Practice-Beispiele
Drei Beispiele, wie Unternehmen Gamification in ihren Recruiting-Prozessen eingesetzt haben:
- Siemens: Siemens hat ein Online-Spiel namens „Plantville“ entwickelt, das Bewerber in die Rolle eines Anlagenmanagers versetzt. Die Spieler müssen verschiedene Herausforderungen meistern, um die Effizienz und Produktivität ihrer virtuellen Fabrik zu steigern. Durch die Leistung im Spiel konnte Siemens die Fähigkeiten und das Potenzial der Bewerber beurteilen, bevor sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden.
- Marriott: Die Hotelkette Marriott hat ein Spiel namens „My Marriott Hotel“ entwickelt, bei dem die Bewerber ihren eigenen virtuellen Hotelbetrieb führen. Die Spieler sind für alle Aspekte des Betriebs verantwortlich, von der Personalplanung bis zur Zufriedenheit der Gäste. Durch das Spiel konnte Marriott die Management- und Entscheidungsfähigkeiten der Bewerber besser beurteilen.
- PwC: PwC entwickelte ein Online-Spiel namens „Multipoly“, das auf dem klassischen Monopoly-Brettspiel basiert. Die Bewerber müssen in einer virtuellen Geschäftswelt Aufgaben lösen, die auf realen Geschäftssituationen basieren, während sie gleichzeitig ihre Netzwerke aufbauen. Durch die Teilnahme am Spiel konnte PwC die Problemlösungs- und Kommunikationsfähigkeiten der Bewerber bewerten.