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Ob Politik, Wirtschaft, Geschichte, Filme, Comedy oder True Crime: Podcasts erleben seit ein paar Jahren eine irren Boom. Für nahezu jedes Thema gibt es auf Plattformen wie Spotify oder Apple Podcasts passende Formate. Auch die HR-Abteilungen von Unternehmen sollten Podcasts zunehmend auf dem Schirm haben. Hier kommen die Gründe, warum:
1. Es gibt (noch!) kaum Konkurrenz
Podcasts über HR-Themen wie Employer Branding und Recruiting gibt es schon einige. Aber: Größtenteils richten sie sich an Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten und ihr Expertenwissen erweitern wollen. Unternehmens-Podcasts (oder: Corporate Podcasts), deren Zielpublikum potenzielle Bewerber*innen sind und die sich mit der Stärkung der Arbeitgebermarke beschäftigen, sind hingegen bisher rar gesät. Dass nur wenige Unternehmen dieses Medium in ihre Kampagnenstrategie integrieren, ist also eine echte Chance, eine Art Pionier zu sein, mit dem Fortschritt zu gehen und sich so von der Konkurrenz abzuheben. Etwas, das zum Beispiel bei Facebook oder LinkedIn kaum noch möglich ist.
2. Das potenzielle Publikum ist riesengroß
Laut Statista streamen heute fast 52 Prozent der 14- bis 29-Jährigen regelmäßig Podcasts. Bei den 30- bis 49-Jährigen ist es immerhin noch mehr als jeder Dritte. Zahlen, die kontinuierlich gestiegen sind und, betrachtet man Prognosen, in Zukunft noch weiter wachsen werden. Wer also vor allem junge Talente von sich als Arbeitgeber überzeugen möchte, sollte das Thema Audio-Content unbedingt in den Blick nehmen.
3. Podcast-Hörer*innen kommen immer wieder
Ist der Podcast gut gemacht und der Host sympathisch, sind Hörer*innen unglaublich loyal und drücken Folge für Folge auf „Play“. Diese Bindung – quasi Inbound-Marketing at it’s best – ist nicht zu unterschätzen und hat unter Umständen sogar Einfluss auf die Arbeitgeberwahl.
4. Podcast-Genres sind vielfältig
Am Anfang stehen Idee und Konzept. Welche Botschaft soll transportiert werden? Welche Zielgruppe soll mit welchen Themen und Inhalten angesprochen werden? Wie gestaltet man den Podcast als Serie und wie baut man die einzelnen Episoden auf? Wer eignet sich als Host? Wie sollen Sprache und Atmosphäre sein? Eher locker oder lieber ernst-informativ? Sind diese Fragen beantwortet, stehen verschiedene Podcast-Genres zur Wahl:
Themen-Podcast
Welchen thematischen Rahmen man dem Podcast gibt, hängt vom Ziel ab. Der Host (oft auch ein Host-Duo) kann das Unternehmen in all seinen Facetten beleuchten oder aber über mehrere Folgen hinweg einen speziellen Aspekt herausstellen. Was tut Unternehmen XY für mehr Nachhaltigkeit? Warum steht es für Innovation? Wie werden Vielfalt und Inklusion gelebt? Welche Karrierewege sind möglich? Neben Hard Facts können zum Beispiel Gäste oder Interview-Schnipsel die Episoden auflockern.
Storytelling & Dokumentation
Der preisgekrönte Podcast „Cui Bono: WTF happend to Ken Jebsen“ ist hierfür ein gutes Beispiel. Es wird ein Thema von Anfang bis Ende behandelt (hier: die Entwicklung eines ehemaligen Radiomoderators zum Verschwörungsideologen). Die einzelnen Episoden enthalten viele Informationen aus verschiedenen Quellen und ergeben im Ganzen eine vollständige Geschichte. Dieses Format ist etwas aufwendiger zu produzieren, wird aber immer beliebter und eignet sich auch für einen Unternehmens-Podcast. So könnte man beispielsweise den Onboarding-Prozess eines neuen Mitarbeiters mit dem Mikro begleiten und so den Hörer*innen viele Einblicke geben. Oder aber man dokumentiert ein besonders spannendes Projekt – vom Startschuss bis zum Abpfiff.
Interview-Podcast
Interviews mit Mitarbeiter*innen sind perfekt, um dem Publikum die Unternehmenskultur näherzubringen und exemplarisch Werdegänge, Aufgaben und den Arbeitsalltag zu beschreiben. Wichtig: authentisch sein und keine von Floskeln durchsetzte Werbeveranstaltung daraus machen. Auch Fokussierungen sind hier möglich. Werden vor allem ITler*innen gesucht, legt man den Schwerpunkt auf diese Abteilung und ihre Projekte. Will man aktiv rekrutieren, bittet man HR-Expert*innen zum Interview und befragt sie zu Themen wie Bewerbung, Gehalt, Arbeitszeitmodelle oder Aufstiegschancen.
Best Practice-Beispiele
„Versprochen.“ von PwC: Einmal pro Monat lädt sich PwC-Mitarbeiterin Anne einen Kollegen oder eine Kollegin in ihr Podcast-Studio ein und spricht mit ihnen über ihr Leben und ihre Arbeit. Toller Blick hinter die Kulissen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
„Erlebe McKinsey“: Auch dieser Podcast widmet sich voll und ganz dem Thema Karriere. Jede Folge ist ein anderer Consultant zu Gast und berichtet zum Beispiel über den Bewerbungsprozess oder Berufseinstieg bei der Unternehmens- und Strategieberatung.
„IT@DB“ von der Deutschen Bahn: Zielgruppe ist hier der IT-Nachwuchs. Vorgestellt werden spannende IT-Projekte und mögliche Karrierewege in diesem Bereich.
„Rewe digital: Codes und schmerzlos“: Hier dreht sich alles um Softwareentwicklung und damit um die Digitalisierung des stationären Handels. Ein „Bewerbungsanreiz“ für Informatiker*innen und IT-Expert*innen.
„O-TON“ von Otto: Im Podcast des Online-Händlers bespricht der Host mit Expert*innen und Kolleg*innen aktuelle Trends in der Branche. Darunter Diversity, Nachhaltigkeit, New Work und Digitalisierung.
5. Podcasting ist (relativ) kosten- und zeitsparend
Im Vergleich zur Erstellung von Video-Content ist die Podcast-Produktion ein Schnäppchen und dauert in der Vorbereitung nicht die Welt. Alles, was man technisch braucht: einen geeigneten Raum für die Aufnahme, gute Mikros, eine Software zum Aufnehmen, Bearbeiten und Schneiden, eine Hosting-Plattform und vielleicht noch Audio-Details wie Intro, Outro und Trenner. Zeit ist natürlich auch ein Faktor. Idealerweise sollten Episoden zwischen 20 Minuten und einer Stunde lang sein; mindestens einmal im Monat – gern aber öfter – gilt es, eine neue Folge hochzuladen. Je nach Podcast-Format kommt noch der Aufwand für die Themenrecherche, das Schreiben von Skripten und die Koordination von Interview-Terminen hinzu.
6. Podcasts erzeugen zusammen mit Social Media ein Community-Gefühl
Unternehmens-Podcasts sollten stets als Teil der Online-Strategie gedacht werden. Denn Studien zeigen: Die Wahrscheinlichkeit, sich mit einer Marke via Social Media zu vernetzen, ist bei Podcast-Hörer*innen um 20 Prozent höher als bei Menschen, für die Podcasts keine Rolle spielen. Aus Zuhörer*innen werden also Follower – und möglicherweise Bewerber*innen. Daher könnte man die Aufnahme der Episoden auch filmen und anschießend im eigenen YouTube-Kanal veröffentlichen. Oder aber für TikTok ein maximal drei Minuten langes Video produzieren, in dem zum Beispiel der Interview-Gast kurz und knackig seine besten Karriere-Tipps präsentiert. Die Brücke zu Instagram schlägt man über Fotos. Je nachdem, was das Thema ist, könnten das beispielsweise Bilder von den Podcast-Gästen und ihrem Arbeitsumfeld im Unternehmen sein. Interaktion wird erzeugt, indem man User auffordert, für sie interessante Themen vorzuschlagen oder Fragen an eine*n Recruiter*in zu stellen, die dann in einer FAQ-Sonderfolge ausführlich beantwortet werden.
Fazit: Employer Branding und Recruiting verändern sich. Neue Werkzeuge und Maßnahmen treten neben traditionelle. Podcasts, die bei der jungen Zielgruppe den richtigen Ton treffen, die frisch und authentisch sind, sind eine echte Chance, sich in Zeiten des Fachkräftemangels abzuheben.